Fachtag: Ungleicher Zugang zum Recht
Wann: Do, 11.09.2025, 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr
Wo: Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg, Phil D
Der Rechtsstaat in Deutschland basiert darauf, dass alle von Rechtsverletzungen Betroffenen Zugang zum Recht haben, dass sie ihre formal garantierten Rechte also auch praktisch einfordern können. Empirisch zeigt sich jedoch, dass individuelle Möglichkeiten der Rechtsmobilisierung sich entlang gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse teils stark unterscheiden. Dieser ungleiche Zugang zum Recht bekommt in politischen und wissenschaftlichen Debatten bisher vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit. Im Zuge der aktuellen Konjunktur libertär-autoritärer, radikalisiert-konservativer und rechtsextremer Politik, wird der Zugang zum Recht für – auch in Bezug auf ihre Chancen der Inanspruchnahme formal geltender Rechte – bereits zuvor marginalisierte Gruppen weiter eingeschränkt (u.a. durch offen rechtswidriges Agieren staatlicher Apparate, etwa bei Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Außengrenzen oder dem Sozialleistungsausschluss für Dublin-Geflüchtete).
Der Fachtag stellt vor diesem Hintergrund aktuelle Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus der Praxis von (Rechts-)Beratungsstellen zur Diskussion. Dabei stehen folgende Leitfragen im Mittelpunkt: Wie wirkt sich gesellschaftliche Ungleichheit auf den Zugang zum Recht aus? Welche Barrieren gibt es beim Zugang zum Recht? Was bedeutet das für das rechtsstaatliche Gleichheitsversprechen? Wie kann im Kontext gegenwärtiger politischer Kräfteverhältnisse (z.B. wachsende soziale Ungleichheit, Rassismus und Autoritarismus, Mittelkürzungen im Bereich der Rechtsberatung) der Zugang zum Recht für alle befördert werden?
Programm
Einführung in den Fachtag (10:00-10:30 Uhr)
Nikolai Huke (Universität Hamburg): Zugang zum Recht im Kontext der aktuellen Konjunktur libertär-autoritärer, radikalisiert-konservativer und rechtsextremer Politik
Ungleicher Zugang zum Recht und die Rolle unabhängiger (Rechts-)Beratung (10:30-11:30 Uhr)
Michael Wrase (WZB/Universität Hildesheim): Un/Gleicher Zugang zum Recht? Normativer Anspruch und Wirklichkeit
Gesine Fuchs (Hochschule Luzern): Ohne Rat kein Recht. Warum Wissen für Rechtsmobilisierung wichtig ist
Erfahrungen aus der Praxis von Beratungsstellen (11:45-12:45 Uhr)
Christiane Tursi (verikom gGmbH): Multiple Benachteiligungen - Ungleicher Zugang zum Recht aus der Perspektive der Migrationssozialberatung
Maria Seidel (Fachstelle Migration und Gute Arbeit Brandenburg, Arbeit und Leben Berlin-Brandenburg gGmbH): Warum nur wenige prekär beschäftigte Migrant:innen ihre Arbeitsrechte vor Gericht einklagen
Birte Weiß (Antidiskriminierungsbüro Hamburg, basis & woge e.v.): Hürden und Strategien beim Zugang zum Recht für Betroffene von Diskriminierung
Aktuelle Befunde aus der Forschung (14:00-15:30 Uhr)
Samera Bartsch (DeZIM) / Lea Beckmann: Rassismus verklagen? Chancen und Grenzen strategischer Klagen gegen rassistische Diskriminierung
Paula Edling (WZB): Zugang zum zivilrechtlichen Gewaltschutz
Katharina Winkler / Anna Wyss (Universität Bern): Rechtsbewusstsein und Rechtsmobilisierung prekär wohnender Personen in der Schweiz und in Deutschland
Wie Mittelkürzungen und zunehmender Autoritarismus unabhängige (Rechts-)Beratung und den Zugang zum Recht gefährden (15:45-16:45 Uhr)
Muzaffer Öztürkyilmaz (Flüchtlingsrat Niedersachsen): Folgen restriktiver Migrationspolitik für den Zugang zum Recht
Hannah Franke (Sächsischer Flüchtlingsrat): (Rechts-)Beratung im Kontext von Mittelkürzungen, Unterfinanzierung und Angriffen auf die demokratische Zivilgesellschaft (z.B. Forderung nach ‚politischer Neutralität‘)
Der Fachtag richtet sich insbesondere an Praktiker:innen, etwa Jurist:innen, Sozialarbeiter:innen und Mitarbeiter:innen von Beratungsstellen oder Behörden. Studierende, Wissenschaftler:innen und andere Interessierte sind ebenfalls herzlich willkommen. Die Teilnahme ist kostenlos. Alle angemeldeten Teilnehmer:innen erhalten einen digitalen Reader mit Hintergrundtexten. Zur Anmeldung senden Sie bitte bis zum 31.07.2025 eine formlose Mail an fachtag-recht.wiso@uni-hamburg.de.
Organisator: Dr. Nikolai Huke, Projekt „Arbeitsrechte in prekären Lebenslagen“ (gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung), nikolai.huke@uni-hamburg.de, Tel. +49(0)1578-7414416