2025
Forschungstagung im Rahmen des Forschungsprojektes „Woke und wehrhaft. Queere Lebenswirklichkeiten in der Bundeswehr“
Ein Projektbericht von Kathrin Bruder:
Am 18. und 19. September 2025 richtete der Lehrstuhl für Evangelische Theologie u.b.B. der Sozial- und Technikethik der HSU unter der Projektleitung von Kathrin Bruder und Lukas Johrendt die interdisziplinäre Forschungstagung „Woke und wehrhaft. Queere Lebenswirklichkeiten in der Bundeswehr“ aus. Ziel war es, das bislang wenig erforschte Thema queerer Lebensrealitäten in der Bundeswehr wissenschaftlich und praxisnah zu beleuchten sowie Queer-Forschung mit Friedens- und Konfliktforschung zu verknüpfen. Das Projekt wird von dem Zentrum Gender & Diversity sowie der Evangelischen Militärseelsorge in der Bundeswehr gefördert. Dafür sei beiden Institutionen sehr herzlich gedankt. Außerdem bedankt sich das Organisationsteam sehr herzlich bei der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Helmut-Schmidt-Universität für die finanzielle Unterstützung der Forschungstagung.
In seinem Grußwort zur Tagung betonte Universitätspräsident Klaus Beckmann, die Bundeswehr ist bunt, muss bunt und soll bunt sein, übte jedoch Kritik am polarisierenden und pejorativen Gebrauch des Begriffs woke. Der Leiter des Studierendenbereichs der HSU Oberst Roman Lau hob hervor, Diversität sei Realität und Führungsaufgabe. Woke im ursprünglichen Sinn, als wachsam für Diskriminierung zu sein, hob der Oberst als ein unbedingt leitendes Ziel der Ausbildung von Führungskräften in der Bundeswehr heraus.
Den Auftakt zur Tagung bildete Klaus Storkmann mit der Vorstellung seiner Studie zum Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität (1955–2000). Konstanze Plett beleuchtete die juristische Etablierung des dritten Geschlechts, Paula-Irene Villa Braslavsky analysierte gesellschaftliche Debatten ums Gendern, Gerhard Kümmel zog Lehren aus der Öffnung der Bundeswehr für Frauen und Sarah Jäger verband friedensethische mit queertheologischen Perspektiven. Den Abschluss des ersten Tages bildete ein Gespräch von Gerhard Schreiber mit den russischen Aktivisten Mikhail Tumasov und Mikhail Pyshkin über die politische Instrumentalisierung queerer Menschen.
Am zweiten Tag betonte der leitende Militärdekan Ernst Raunig in seinem Grußwort zur Tagung die Bedeutung eines wachen Blicks auf Diskriminierung in der Bundeswehr. Raunig negierte den Widerspruch zwischen woke und wehrhaft und sprach sich für die unbedingte Verbindung beider Begriffe aus. Simone Wisotzki sprach über feministische Außenpolitik und Genderbacklash, Judith Bollongino über Chancen einer queeren Friedensethik und Anastasia Biefang berichtete aus eigener militärischer Erfahrung von Defiziten im Umgang mit Diversität. Hartmut Stiffel und Martin Rose vom Zentrum Innere Führung hoben Umsetzungsprobleme der Inneren Führung in der Praxis hervor. Abschließend thematisierte Kerstin Söderblom Chancen einer queersensiblen Seelsorge für die Bundeswehr und Andrea D. Bührmann zeigte, dass Diversität wissenschaftlich wie praktisch stets neu ausgehandelt werden muss und gerade nicht eindeutig definiert werden kann.
Die Tagung ermöglichte mit ihren interdisziplinären Beiträgen und transdisziplinären Zugängen zur Praxis der Bundeswehr den Tagungsteilnehmenden aufschlussreiche Einblicke in die Debatte um Queer und Gender und der Herausforderung einer Umsetzung von Diversität in der militärischen Praxis der Bundeswehr. Die Ergebnisse der Tagung sollen in einem Sammelband unter dem Titel „Woke und wehrhaft. Queere Lebenswirklichkeiten in der Bundeswehr“ im Jahr 2026 publiziert werden. Die Ergebnisse der Tagung können so einer wissenschaftlichen Fach- wie der breiteren interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Diese Publikation bildet die Grundlage zur weiteren Forschung an der Schnittstelle von Militärsoziologie, Gender/Queer-Studies, Friedens- und Konfliktforschung wie auch ethischer Forschung zu Fragen der Geschlechtergerechtigkeit wie der Friedensfrage.
